Vorhaben von gemeinsamem Interesse (Projects of Common Interest - PCI)
Der Anwendungsbereich der Infrastruktur-Verordnung erstreckt sich auf Vorhaben von gemeinsamem Interesse, wie sie in Artikel 2 Z 4 Infrastruktur-Verordnung definiert sind. Dieser Status wird einem Vorhaben durch Aufnahme in eine Liste gemäß Artikel 3 Absatz 4 Infrastruktur-Verordnung zuerkannt. Die Liste ist als Anhang Teil einer weiteren (delegierten) Verordnung, die durch die Europäische Kommission erlassen wird.
Um in die Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse aufgenommen zu werden, muss ein Projekt mehrere Kriterien erfüllen:
- Insbesondere muss es für einen der in Anhang I zur Verordnung genannten Infrastrukturkorridore und -gebiete erforderlich sein,
- zumindest zwei Mitgliedstaaten (oder einen Mitgliedstaat und einen EWR-Staat) betreffen und
- einen höheren potenziellen Gesamtnutzen als Kosten aufweisen.
- Strom- und Gasvorhaben müssen überdies erheblich zur Marktintegration, zu Wettbewerb (nur Gas), Nachhaltigkeit oder Versorgungssicherheit beitragen.
Nach Verabschiedung der ersten Unionsliste gilt für alle später verabschiedeten Unionslisten, dass vorgeschlagene Strom – bzw. Gas-Vorhaben Teil des letzten verfügbaren von ENTSO-E bzw. ENTSOG ausgearbeiteten Zehnjahresnetzentwicklungsplans zu sein haben. Um in den Zehnjahresnetzentwicklungsplan von ENTSO-E bzw. ENTSOG aufgenommen zu werden, sollten Projekte bestimmte Kriterien erfüllen. Insbesondere handelt es sich um Projekte von regionaler bzw. europäischer Bedeutung. Um in den TYNDP aufgenommen zu werden, muss ein Projekt jedoch nicht zwingend Bestandteil eines letztverfügbaren nationalen Netzentwicklungsplans sein (beispielsweise könnte der Bedarf für ein Projekt nach Genehmigung des nationalen Netzentwicklungsplans durch die E-Control aber vor Erstellung des europäischen Zehnjahresnetzentwicklungsplans identifiziert worden sein). In der Konsequenz entspricht der europäische Zehnjahresnetzentwicklungsplan nicht der Summe aller nationalen Netzentwicklungspläne.
Die PCI-Liste wird alle zwei Jahre aktualisiert. Wie in der Infrastruktur-Verordnung vorgesehen, beraten zunächst die nationalen Regulierungsbehörden, Mitgliedstaaten, Netzbetreiber, die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden (Agency for the Cooperation of Energy Regulators – ACER) und die Europäische Kommission in regionalen Gruppen auf Basis der unionsweiten Netzentwicklungspläne über PCI-Kandidaten. Nach öffentlicher Konsultation und Stellungnahme durch ACER wählt das aus Europäischer Kommission und Mitgliedstaaten bestehende Entscheidungsgremium Vorhaben aus. Die Unionsliste wird anschließend wiederum von der Europäischen Kommission als delegierter Rechtsakt verabschiedet. Die nachfolgende Darstellung gibt einen Überblick über den Prozess.
PCI-Auswahlprozess, Quelle: Europäische Kommission 2016 vergrößern
Am 18. November 2015 wurde die zweite Unionsliste mit 195 vorrangigen Energieinfrastrukturprojekten von der Europäischen Kommission präsentiert. Die delegierte Verordnung (EU) 2016/89 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf die Unionsliste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse wurde am 27.1.2016 im Amtsblatt veröffentlicht und trat am 16.2.2016 in Kraft.
Weiterführende Informationen zu PCIs sind auf der Homepage der Europäischen Kommission zu finden: http://ec.europa.eu/energy/infrastructure/pci/pci_en.htm
Über die Homepage der Europäischen Kommission kann auch auf eine interaktive Karte zugegriffen werden, die einen Überblick über die PCIs gibt und Links zu Details zu den einzelnen Projekten enthält: http://ec.europa.eu/energy/infrastructure/transparency_platform/map-viewer/
PCI-Karte der Europäischen Kommission; Quelle Europäische Kommission 2016 vergrößern